Auslastungsinformationen
als digitaler Service
12. November 2021
Mehr Komfort für die persönliche Fahrtenplanung
Mit Daten zur aktuellen Auslastung von Regionalverbindungen begegnen die Verkehrsunternehmen in NRW einem wachsenden Kundenbedürfnis.
Frühzeitige Informationen zur Fahrzeugauslastung erhalten und die zeitlichen Möglichkeiten haben, Reisen neu planen zu können: Dieser Service kann das Sicherheitsgefühl von Fahrgästen stärken und den Reisekomfort im ÖPNV erhöhen – während und nach der Corona-Pandemie.
Ein Angebot, das sich im Fernverkehr bereits als Entscheidungshilfe für Reisende etabliert hat, entwickelt sich momentan auch für den NRW-Nahverkehr fortlaufend weiter: Kundeninformationen über die Auslastung von Regionalverbindungen sollen bald landesweit zur Verfügung stehen. In den Verkehrsverbünden Rhein-Ruhr (VRR) und Rhein-Sieg (VRS) werden Daten über die Fahrzeugauslastung bereits gesammelt und in der jeweiligen Verbund-App an die Kund:innen weitergegeben. Der Zweckverband Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL) und der Aachener Verkehrsverbund (AVV) schaffen gerade die dafür notwendigen Voraussetzungen. Künftig sollen die Auslastungsinformationen NRW-weit ausgetauscht und vernetzt werden. Für bessere Prognosen werden die Systeme der einzelnen Verkehrsverbünde in einem unserer Teilprojekte langfristig miteinander verknüpft. Somit kann eine großflächige Auswertungsbasis für den gesamten Nahverkehr Nordrhein-Westfalens effektiv genutzt werden.
Die Ausgangslage: Erfahrung und äußere Umstände als individuelle Datenbasis
Pendler:innen kennen ihre alltäglichen Bahnstrecken aus dem Effeff – ob Uhrzeit, Mitfahrende oder die Besetzung des üblichen Waggons. Fahrgäste, die nur gelegentlich oder zu variierenden Zeiten im ÖPNV unterwegs sind, können sich auf solche Erfahrungswerte nicht verlassen. Galten Fahrten in überfüllten Zügen schon immer als unangenehm, zeigt sich nun gerade im Laufe der Corona-Pandemie eine wachsende Sensibilität gegenüber persönlichen Kontakten. Informationen zur Auslastung können da einen guten Beitrag leisten, das persönliche Sicherheitsgefühl in Bussen und Bahnen zu stärken. Denn dass der ÖPNV unter Einhaltung der Hygiene- und Coronaschutzmaßnahmen kein erhöhtes Infektionsrisiko birgt, ist durch verschiedene Studien – z. B. im Juni 2021, durchgeführt vom Fraunhofer Institut, oder im Mai 2021, durchgeführt von der Charité Research Organisation (CRO) im Auftrag des Verbands der Deutschen Verkehrsunternehmen (VDV) – bestätigt worden. Auslastungsinformationen ergänzen die Beiträge der Verkehrsunternehmen zum Infektionsschutz, aber sie sind nicht nur vor dem Hintergrund der Pandemie ein sinnvoller Kundenservice, mit dem sich mehr Menschen für die Nutzung von Bussen und Bahnen gewinnen lassen. Deshalb sollen Auslastungsinformationen in den Auskunftssystemen der Verkehrsunternehmen dauerhaft etabliert werden.
Die Idee: Datenanalysen für den Kundenservice nutzen
Zur Übermittlung an die Fahrgäste werden die Zähldaten der Eisenbahnunternehmen ausgewertet. Beim VRR werden diese Werte über Methoden wie Smart-Data- oder Big-Data-Analysen in Prognosen weiterverarbeitet. Der VRS greift auf ähnliche Parameter zurück und legt das Hauptaugenmerk auf (automatisierte) Fahrgastzählungen sowie aktuelle Verspätungen, Ausfälle und Verbindungsanfragen in der VRS-App. Je mehr Personen sich für eine bestimmte Fahrt interessieren und aktiv nach dieser suchen, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass diese Verbindung ein hohes Fahrgastaufkommen aufweisen wird. Dabei werden die Daten im 3-Minuten-Takt aktualisiert. In einer späteren Ausbauphase des Systems sollen auch detaillierte Echtzeit-Informationen wie Baustellen, Fahrtausfälle, Staus, Wetter oder Veranstaltungen in die Auslastungsinformationen integriert werden können. Wichtig im Rahmen der Datenschutzstandards ist außerdem, dass keine personenbezogenen Daten wie Standorte oder Ticketkäufe verwendet werden.
Der Nutzervorteil: Komfort auf kurzen und langen Strecken planbar
Auslastungsinformationen bieten ÖPNV-Kund:innen mehr Möglichkeiten, ihre Fahrten mit Blick auf den persönlichen Reisekomfort anzutreten oder auch neu zu planen. Dieser Service zahlt auf die gewachsene Sensibilität der Fahrgäste ein, wenn es um den persönlichen Freiraum und die Bewertung eines „vollen“ Zuges geht. Bei der Fahrtensuche per App werden Verbindungen mit einer hohen Auslastung gekennzeichnet und alternative Fahrtmöglichkeiten vorgeschlagen. Dabei wird gegebenenfalls auch auf andere Linien oder Zeiten außerhalb des Kernbetriebs hingewiesen. Die endgültige Entscheidung der Linienwahl verbleibt natürlich immer beim Fahrgast selbst.
Der Ausblick: Mehr Variablen miteinbeziehen und in ganz NRW anwenden
Die Auslastungsinformationen werden bereits seit einigen Monaten auf vielen Linien des SPNV (Regionalexpress, Regionalbahn und S-Bahn) berücksichtigt und sind über die jeweiligen Anbieter-Apps abrufbar. Dieser Service soll mit Blick auf eine landesweite Umsetzung verbessert werden. Die Planung sieht vor, Basisdaten zum gewohnten Verkehrsaufkommen, besondere Informationen beispielsweise zu Baustellen und dadurch bedingten Umleitungen von Linien und Echtzeit-Informationen zu kombinieren. Damit wird eine realistische Einschätzung der aktuellen Verkehrsnachfrage möglich. Beim VRS ergab ein Vergleich zwischen der Auslastungsanzeige mit den tatsächlichen Fahrgastzahlen bereits zum jetzigen Zeitpunkt eine Übereinstimmung von mehr als 90 Prozent. Für den Gesamtverkehrsraum Nordrhein-Westfalen werden die bestehenden Technologien sukzessive weiterentwickelt. Dafür wurde in unserem im Projekt Information und Datenqualität das Teilprojekt „Auslastungsinformationen in der Fahrplanauskunft“ aufgelegt. Auf Initiative des Verkehrsministeriums haben sich die Partner des ÖV-Datenverbundes (AVV, NWL, VRR und VRS) auf eine gemeinsame Lösung zum verbundübergreifenden Austausch von Auslastungsinformationen in der Fahrgastinformation verständigt.
Gut zu wissen
Die analysierten Daten zum Fahrgastaufkommen im SPNV werden über die Fahrplanauskunftssysteme des VRR und VRS bereits übermittelt. Die beiden Verkehrsverbünde haben jeweils eigene Technologien entwickelt, von denen Partner im NRW-Nahverkehr zukünftig profitieren sollen. Über die Apps der einzelnen Verkehrsverbünde stehen den Nutzer:innen bereits seit Herbst 2020 Informationen zur Verfügung, durch die eine Vermeidung von überfüllten Zügen und Bahnen ermöglicht wird. Dabei muss bedacht werden, dass aus den Ticketkäufen im Nahverkehr weniger Informationen über mögliche Auslastungen gezogen werden können als z. B. im Fernverkehr, wo Fahrkarten meist an bestimmte Verbindungszeiten geknüpft sind.
Fotos: © KCD (1), Shutterstock/Roman J Royce (2)