Laut einer ioki-Studie aus dem Herbst 2021 könnten 380.000 On-Demand-Fahrzeuge zwölf Millionen Zweit- und Drittwagen in Deutschland ersetzen. So ließen sich 15 Millionen Tonnen CO2 und damit zehn Prozent der jährlichen Verkehrsemissionen einsparen.
Ridepooling-Systeme haben die Idee alternativer Bedienformen im ÖPNV in den vergangenen Jahren eindrucksvoll weiterentwickelt. Nach den Ergebnissen der Potenzialanalyse On-Demand-Ridepooling im Ruhrgebiet kann die digital basierte Mobilität auf Bestellung das öffentliche Verkehrsangebot nicht nur partiell ergänzen, sondern insgesamt erweitern. In einem weiteren Teilprojekt der ÖPNV Digitalisierungsoffensive NRW wurde nun ein Umsetzungsmodellvorschlag erarbeitet, der eine standardisierte Etablierung von On-Demand-Ridepooling-Verkehren vorsieht.
Die landesweit standardisierte Etablierung von On-Demand-Ridepooling-Verkehren ist eine Gemeinschaftsaufgabe der nordrhein-westfälischen Nahverkehrsakteure: des Landes, der Verbünde sowie der kommunalen Aufgabenträger und Verkehrsunternehmen. Diese Kernaussage steht über der jüngsten Studie zur Koordination der Entwicklung von On-Demand-Ridepooling-Verkehren. Schließlich gilt der ÖPNV auf Abruf nach den Ergebnissen der Potenzialanalyse On-Demand-Ridepooling im Ruhrgebiet als wichtiger Maßnahme für ein kundenorientiertes Angebot.
Vor knapp sechs Jahren ging in Duisburg das erste On-Demand-Ridepooling-Angebot im Ruhrgebiet an den Start. „Mittlerweile gibt es landesweit 28 Projekte. Wir beobachten sehr positive Kundenresonanzen und Entwicklungen der Fahrgastzahlen“, beschreibt Henry Morten Steinbach, Studienleiter und Referent für neue digitale Mobilitätsformen beim Kompetenzcenter Digitalisierung NRW (KCD), den langsamen, aber kontinuierlichen Fortschritt der vollflexiblen Flächenverkehre. „Die digital via App buchbare Mobilität holt die Menschen dort ab, wo sie sind. Sie trägt in einem integrierten ÖPNV-Gesamtkonzept zu einem effizienten und nachhaltigen Angebot bei“, so Steinbach weiter. Mit On-Demand-Ridepooling-Angeboten können die öffentlichen Verkehrsunternehmen nicht nur Angebotslücken schließen und Mobilitätsalternativen schaffen, sondern langfristig auch ihr Angebot kundenzentriert aufstellen.
Diese Vorteile bietet die neue öffentliche Mobilität auf Bestellung:
Die digital via App buchbaren Verkehre ergänzen den ÖPNV genau dort, wo sich klassische Nahverkehrslinien nicht lohnen oder das Angebot erweitert werden soll.
In nachfrageschwachen Zeiten und Räumen schafft der Ausbau von On-Demand-Ridepooling direkt buchbare Anfahrt- oder Anschlussverbindungen
Bedarfsorientierte flexible Mobilitätsangebote können den Fahrgast näher an seinem Ausgangspunkt abholen, neue Routen erschließen und Fahrtwünsche kombinieren.
Im Vergleich zum klassischen Nahverkehr können On-Demand-Verkehre flexibel und individuell auf Nachfrageveränderungen reagieren.
Die digitale Abwicklung macht anonymisierte Auswertungen zu gewünschten Fahrtrelationen möglich. So lässt sich das Gesamtmobilitätsangebot verbessern.
Laut einer ioki-Studie aus dem Herbst 2021 könnten 380.000 On-Demand-Fahrzeuge zwölf Millionen Zweit- und Drittwagen in Deutschland ersetzen. So ließen sich 15 Millionen Tonnen CO2 und damit zehn Prozent der jährlichen Verkehrsemissionen einsparen.
Die Nahverkehrsakteur:innen in NRW wollen nun den Ausbau und die Integration von On-Demand-Ridepooling-Angeboten in den ÖPNV gezielt voranbringen. Dafür wurden in einer Folgestudie die Ergebnisse der Potenzialanalyse für das Ruhrgebiet vertiefend betrachtet. Ein wichtiges Ergebnis ist der Konzeptvorschlag für ein Umsetzungsmodell für On-Demand Ridepooling in NRW, das insbesondere den bislang sehr hohen Aufwand für die Planung und den Betrieb von On-Demand-Ridepooling Verkehren deutlich reduzieren soll. „Dem Umsetzungsmodell voraus geht ein landesweites Zielbild, das die Finanzierung der Projekte unterstützt und darüber einen zielgerichteten Einsatz bzw. den Ausbau des ÖPNV sicherstellt“, erklärt Studienleiter Henry Morten Steinbach. Der Umsetzungsmodellsvorschlag ist in die bestehenden Strukturen des NRW-Nahverkehrs eingebunden und beschreibt zunächst die Verantwortlichkeiten der verschiedenen Nahverkehrsakteur:innen: Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr NRW, Zweckverbände, Verkehrsunternehmen und Kompetenzcenter sowie ÖSPV-Aufgabenträger und Verkehrsunternehmen. Rahmenverträge, Leitfäden und Austauschformate bieten den Akteur:innen auf jeder Handlungsebene Unterstützung. Die Entwicklung konzeptioneller Standards und einheitlicher Produktmerkmale ermöglicht eine Optimierung der Einsatzszenarien, steigert die Verständlichkeit für die Fahrgäste und fördert die Integration in das jeweilige Mobilitätsgesamtangebot.
Der Konzeptvorschlag zur Etablierung eines einheitlichen On-Demand-Ridepooling-Systems in Nordrhein-Westfalen wurde im Auftrag des Kompetenzcenters Digitalisierung (KCD) und mit einer Förderung durch das Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr (MUNV) von civity Management Consultants erarbeitet. Die Ausarbeitung des Umsetzungmodells erfolgte in einem partizipativen Prozess mit lokalen und regionalen Akteur:innen in Workshops und durch Experteninterviews.
Mit Blick auf die Praxis veranschaulicht das Umsetzungsmodell fünf Kernbereiche zum Aufbau von On-Demand-Ridepooling-Systemen: Planung, Betriebsverantwortung, Fahrbetrieb, Fahrzeugflotte und Technologieplattform. Ganz wesentlich dabei ist die Einrichtung einer landesweit mandantenfähigen On-Demand-Technologieplattform, über die alle angeschlossenen On-Demand-Angebote gebucht, betrieben und abgerechnet werden können. Eine solche Plattform bündelt das erforderliche Know-How an einer zentralen Stelle, erleichtert dadurch den Zugang für die Verkehrsunternehmen und reduziert Aufwände. Weiterhin können Schnittstellenstandards und die Tiefenintegration der On-Demand-Verkehre in die ÖPNV-Auskunftssysteme vorangetrieben werden. Zudem unterstützt eine einheitliche Plattform auch anonymisierte datenbasierte Auswertungen, die für den bedarfsgerechten Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs eine immer wichtigere Rolle spielen.
Wie eine Branchenumfrage des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) gezeigt hat, ist die Entwicklung von On-Demand-Ridepooling-Systemen insbesondere auch ein Finanzierungsthema. Eine Regelfinanzierung für digitale Bedarfsverkehre gilt derzeit als wichtigster Hebel für die dauerhafte Etablierung im ÖPNV, betont der VDV auch in seinem aktuellen Positionspapier „Linienbedarfsverkehr: zukunftsgerecht, integriert und nachfragegesteuert“. Fast alle neueren, größeren Flottenprojekte bundesweit werden durch Landes- oder Bundesmittel gefördert – zum Beispiel nach der DKV-Förderrichtlinie.
Foto: © Christoph Seelbach, Kölner Verkehrs-Betriebe AG