Ganz NRW in
einem Tarif- und
Ticketing-System
02. November 2021
Wie CiBo den eTarif erst einfach macht
Ein flächendeckendes Check-in/Be-out-System schafft die Voraussetzungen, den eTarif NRW mit einem einfachen Ticketing zu verbinden.
Der eTarif NRW soll einen intuitiven Zugang zum NRW-Nahverkehr bieten. Fahrgäste sollen Busse und Bahnen ohne Tarif- und Ticketkenntnisse nutzen können. Wie das funktioniert, erklären die VRR-Experten Georg Seifert und Dr. Stephan Hörold. Beide waren an der Entwicklung des komplexen Systems CiBo NRW beteiligt. Via Check-in/Be-out entsteht ein einheitliches digitales Ticketsystem für ganz NRW, das den eTarif erst einfach macht.
Die Entwicklung eines landesweiten eTarifs ist eine vielschichtige Aufgabe und auf diverse funktionierende Komponenten angewiesen. Neben einheitlichen Tarifmodulen sind abgestimmte EFM-Technologien notwendig, um allen ÖPNV-Nutzer:innen in NRW die gleichen Voraussetzungen, Fahrtmöglichkeiten und Preise zu bieten. „In NRW gab es bisher vier Verbundtarife und den NRW-Tarif sowie sehr unterschiedliche Varianten, ein Ticket am Automaten zu ziehen. Jetzt eine Möglichkeit zu schaffen, Tarife zu vereinheitlichen – das ist ein riesiger Schritt für Nordrhein-Westfalen, um Mobilität einfach zugänglich und gerade auch für Gelegenheitsnutzer:innen attraktiv zu gestalten“, erklärt Georg Seifert, Abteilungsleiter SPNV Wettbewerb/Vertragsmanagement/Planung bei der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr AöR (VRR). Gemeinsam mit Dr. Stephan Hörold, Abteilungsleiter Information/Innovation, zeichnet er für die Entwicklung und den Aufbau eines CiBo-Systems im Rahmen der ÖPNV Digitalisierungsoffensive verantwortlich.
CiBo NRW schafft die notwendige technische Systemgrundlage für ein landesweites, flächendeckendes automatisiertes Ticketing. Fahrgäste brauchen künftig nur noch ein Smartphone und eine Mobilitätsapp, in die CiBo integriert wurde, z. B. die App ihres Verkehrsunternehmens. Damit können sie dann ab Dezember 2021 einfach einsteigen, fahren und bezahlen.
So funktioniert CiBo für den eTarif
- Die Nutzer:in checkt sich über die gewohnte Mobilitätsapp (Verkehrsunternehmen, Verkehrsverbund, mobil.nrw o. Ä.) in Bus oder Bahn ein.
- CiBo definiert per GPS die nächstgelegene Haltestelle und schlägt diese als Ausgangspunkt vor.
- Nach der Bestätigung des Startpunktes erhält die Nutzer:in einen QR-Barcode für die Fahrt. Dieser ist in der jeweiligen App sichtbar und bildet das digitale Ticket.
- Durch die Sensorentechnik des Smartphones und Bluetooth-Beacons wird die Fortbewegung registriert und das System kann die Reise nachvollziehen.
- Beim Ausstieg erkennt CiBo, ob der Fahrgast in der Nähe eines Bahnhofs verbleibt und umsteigt oder ob er sich von diesem entfernt. Beim Verlassen des ÖPNV sendet das System eine Nachricht und erinnert an den Check-out.
- Das CiBo-System erfasst die zurückgelegten Fahrten und Fahrtenketten mit Bus und Bahn und berechnet nach Verlassen des letzten Verkehrsmittels automatisiert den Fahrpreis nach den Parametern des eTarifs NRW.
Für das Check-out- bzw. Be-out-Verfahren sieht CiBo NRW nach der Einführung zwei Phasen vor. In Phase I informiert ein automatischer Assistent via App den Fahrgast über das mögliche Verlassen des ÖPNV und fragt nach, ob die Fahrt abgeschlossen ist. Der Fahrgast muss dies dann noch aktiv bestätigen (Check-out). In Phase II gibt die App nur noch einen Zeitrahmen vor, in dem sie die Fahrt automatisiert beendet und den Fahrgast automatisch auscheckt (Be out).
Einheitliches Ticketing über gängige Mobilitätsapps
Hinter dem eTarif und CiBo NRW steht die Idee, den Nahverkehr in NRW im Zuge der Digitalisierung flächendeckend attraktiver zu machen. Die Leitfrage gilt dem Abbau von Zugangshemmnissen: Wie können Fahrgäste den ÖPNV intuitiv und einfach nutzen? Mit CiBo NRW haben die Partner im NRW-Nahverkehr in ein digitales Ticketing investiert, um darauf aufsetzend den eTarif als Luftlinientarif zu entwickeln. So wird eine landesweit durchgängige Tarifierung möglich. Für die Fahrgäste und die Verkehrsunternehmen dabei gleichermaßen wichtig ist eine einfache Anwendung der neuen digitalen Services.
Der Fokus bei der Entwicklung von CiBo NRW lag deshalb auf einer für Nutzer:innen möglichst bequemen und simplen Darstellung der komplexen Technik im Hintergrund. „Wir wollten eine Möglichkeit finden, die in die meisten, gängigen Mobilitätsapps integriert werden kann. Die Einbindung ist technisch sehr komplex und es sind bestimmte Schnittstellen notwendig, z. B. muss CiBo mit dem bestehenden Ticketshop funktionieren“, erklärt Georg Seifert die Herangehensweise. Kurzum: Für die Nutzer:innen soll sich nichts ändern, ganz im Gegenteil: Sie können den elektronischen Tarif mit allen, ihnen bekannten Apps nutzen, in denen über Schnittstellen CiBo integriert wird.
Die wichtigsten Fragen zu CiBo und zum eTarif NRW
Georg Seifert: Fahrgäste brauchen eigentlich nur ihre gewohnte Mobilitätsapp, die sollte allerdings auf dem technisch-aktuellen Stand sein. Denn grundsätzlich kann jedes Unternehmen und jeder Vertriebspartner CiBo in seine Mobilitätsapp integrieren. Aktiv muss von Kund:innenseite nichts neuinstalliert oder umgewöhnt werden.
Dr. Stephan Hörold: Wir stellen das Hintergrundsystem zur Verfügung. Die Integration in die jeweiligen Apps erfolgt über die jeweiligen App-Anbieter:innen, also die Verkehrsunternehmen, -verbünde o. Ä.. Das bedeutet natürlich auch, dass CiBo auf den ersten Blick nicht immer gleich aussehen muss, da die Oberflächen unterschiedlich designed sind, jedoch greift jede App auf die gleichen Hintergrunddaten und -funktionen zurück. Kurz: Es steckt immer die gleiche Software dahinter.
Dr. Stephan Hörold: Neben dem Tarif ist die Technologie für Nutzer:innen neu. Wir werden das direkte „Be-out“ nicht sofort einsetzen, sondern starten unter anderem auch deshalb zunächst mit einem „Check-out“, damit Nutzer:innen das neue Verfahren kennenlernen und verstehen. Wir wollen das Vertrauen der Kund:innen sukzessive aufbauen. Sowohl in der ersten als auch in der zweiten Phase überlassen wir den Nutzer:innen aber die Kontrolle. Durch Bestätigungen oder Negationen lernt das System wichtige Informationen dazu und wird weiter optimiert. Wenn wir uns sicher sein können, dass die Umstellung auf „Be-out“ systemtechnisch und kundenseitig bereit ist, werden wir die zweite Phase einläuten.
Georg Seifert: Wir wollen im Dezember 2021 starten. Der Prozess für die Beschaffung der Technik läuft schon seit 2018, wenn man Idee, Ausschreibung und Vergabe berücksichtigt. Intern testen wir ausführlich, da die Technik nicht trivial ist: Wir arbeiten mit umfangreicher Smartphone-Sensorik zur Ortung und deren Hintergrundsystem. Wir prüfen die Technik wirklich auf Herz und Nieren, da wir den Kund:innen natürlich einwandfreie Funktionen zur Verfügung stellen wollen.
Dr. Stephan Hörold: Es ist ja auch schon viel Technologie getestet worden. Beim VRR sind das z. B. Nextticket 1.0 und 2.0. Diese Erfahrungen des VRR-eTarifs und weiterer eTarif-Projekte im NRW-Nahverkehr wurden in der Entwicklung für das CiBo NRW-System natürlich berücksichtigt.
Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR),
Abteilungsleiter SPNV Wettbewerb/Vertragsmanagement/Planung
Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR),
Abteilungsleiter Information / Innovation
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