Welche Möglichkeiten bietet die Digitalisierung für Ticketsysteme im ÖPNV?
Zum VideoSpontan reisen – nur mit dem Smartphone: Mit CiBo NRW soll der ÖPNV in Nordrhein-Westfalen intuitiv nutzbar werden. Das landesweite Check-in/Be-out-System ist zugleich eine zentrale Voraussetzung, damit der neue eTarif auch bei der Zielgruppe „Gelegenheitskund:innen“ gut ankommt.
Bei landesweiten Fahrten im NRW-Nahverkehr stoßen Fahrgäste an Grenzen: Verschiedene Verbundräume mit unterschiedlichen Tarifen stellen bei der Suche nach einem gültigen und günstigen Ticket ein Zugangshemmnis dar, gerade für Kund:innen, die Busse und Bahnen nur gelegentlich nutzen oder jenseits bekannter Wege unterwegs sind. Dabei könnte alles so einfach sein: Zum Fahrtantritt wird ein Ticket gekauft, das vom Start- bis zum Zielort gilt. Der landesweite eTarif für NRW soll genau das ermöglichen: Tarifgrenzen überwinden, den Zugang zum ÖPNV erleichtern und die Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln nachhaltig vereinfachen. Die für das automatisierte Ticketing notwendige technische Systemgrundlage schafft ein landesweites Check-in/Be-out-System – ganz nach dem Motto „Einsteigen. Fahren. Bezahlen.“
CiBo NRW übersetzt das digitalisierte Ticketsystem des eTarifs in die Fahrpraxis. Das geschieht mit Hilfe eines GPS-basierten Tarifsystems, das flächendeckend in ganz NRW zur Anwendung kommt und den gesamten Ticketprozess automatisiert. Fahrgäste aktivieren zu Beginn ihrer Reise ihre Fahrt über die gewohnte Mobilitätsapplikation auf ihrem Smartphone (Check-In) und führen ihre Reise durch. Das Ende der Reise (Be-Out) erkennt das System dank Sensorentechniken der Smartphones und Bluetooth-Beacons (z. B. in unterirdischen Stationen) automatisch.
Nach abgeschlossener Reise ermittelt das System einen geeigneten Tarif und rechnet diesen – aufgeschlüsselt nach der Fahrt – mit den Kund:innen ab. Wichtig für die Akzeptanz ist der günstigste Preis, der beim eTarif NRW nach Grundpreis und Luftlinienkilometern berechnet wird.
Der Vorteil eines CiBo-Systems liegt klar auf der Hand: Es erhöht den Reisekomfort für die Fahrgäste und macht die Nutzung des ÖPNV einfach wie nie zuvor. Verkehrsunternehmen können das System in ihre eigenen Smartphone-Apps integrieren und damit die Attraktivität ihres Angebots erhöhen. Im NRW-Nahverkehr wird CiBo mit den neuen eTarifen in allen gängigen Mobilitätsapps verfügbar sein – bei Verkehrsunternehmen, Verkehrsverbünden oder übergreifenden Anwendungen wie der mobil.nrw App.
Fahrgäste können also weiterhin ihre bekannten Apps zur Fahrplanauskunft nutzen – und sich damit künftig auch für eine Fahrt im ÖPNV einchecken. Einzige Voraussetzung: Die jeweilige Mobilitätsapp sollte auf dem aktuellen Stand sein. Die Integration des CiBo-Hintergrundsystems erfolgt über eine „Offene Ticketshop-Schnittstelle“ im CiBo-Backend und wird über die App-Betreiber:innen durchgeführt. Diese Integrationsschicht ermöglicht eine Standardisierung zwischen den Schnittstellen externer Ticketshops.
Im Dezember 2021 startet der eTarif zunächst mit einem sogenannten „Check-in/Assistant-Check-out-System“; die Nutzer:innen bekommen dann eine Nachricht per App, wenn das System den Ausstieg aus dem ÖPNV erkennt. Sie können diese Analyse per Klick bestätigen und die Fahrt beenden. Die Vorbereitung auf das reine „Be out“-System impliziert zwei Vorteile: Zum einen können sich die Fahrgäste an die neue Technik des eTarifs gewöhnen und das digitalisierte System kennenlernen. Zum anderen lernt die Technik durch die Unterstützung der Nutzer:innen, ihre Prozesse zu optimieren und einen reibungslosen Ablauf hinsichtlich des automatisierten Auscheckens zu garantieren. Der automatisierte Check-out wird voraussichtlich ab der Umsetzungsphase 2.0 verfügbar sein.
Seit 2018 laufen die Planungen und Vorbereitungen für einen NRW-weiten eTarif. Die konkrete Umsetzung startete 2020 u. a. mit der Entwicklung eines „Check-in/Be-out-Systems“ als Grundvoraussetzung, um den Kund:innen einen einfachen, komplexen und flexiblen Zugang zum ÖPNV zu ermöglichen. Die Entwicklung wurde von den drei Zweckverbänden NWL, NVR und VRR beauftragt und wird allen Verkehrsverbünden NRWs zur Verfügung gestellt. Für die finanzielle Umsetzung steht neben der Vorfinanzierung durch den VRR auch eine Fördersumme des Bundesministeriums für Verkehr- und digitale Infrastruktur (BMVI) bereit.
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