06. November 2023
Gute Regeln für elektronische Fahrkarten
Ein Überblick zu Standards und Barcodes für das Elektronische Fahrgeldmanagement im ÖPNV.
Ob Handyticket oder Chipkarte: Für elektronische Tickets im NRW-Nahverkehr und auch für das Deutschlandticket gilt der Daten- und Schnittstellenstandard des (((eTicket Deutschland: die VDV-Kernapplikation. Diese wird nun grundlegend überarbeitet und heißt ab 2026 (((etiCORE. Welche Standards für das elektronische Fahrgeldmanagement im ÖPNV darüber hinaus wichtig sind? Ein Überblick.
Mit dem Deutschlandticket gibt es seit Mai 2023 erstmals ein bundesweit einheitliches Ticket für den Öffentlichen Personennahverkehr. Nach Vorgabe des Bundes wird die ÖPNV-Flatrate als elektronisches Ticket angeboten, erhältlich als Chipkarte oder als Barcode auf dem Smartphone. Ein solches Ticket, das viele Menschen bei verschiedenen Anbietern kaufen und vielerorts für Bus- und Bahnfahrten nutzen, braucht eine gemeinsame Technologie und ein gemeinsames Sicherheitsmonitoring – sowohl mit Blick auf die Nutzung als auch auf den Vertrieb und die Kontrollmöglichkeiten durch die Verkehrsunternehmen. Erst durch Standardisierung und Kooperation werden Ticketing-Systeme im ÖPNV interoperabel, so dass Nahverkehrskund:innen elektronische Tickets über Verbund- und Ländergrenzen hinaus nutzen können.
VDV-Kernapplikation: Herzstück im (((eTicket Deutschland
Durch die gemeinsame Projektarbeit in der ÖPNV Digitalisierungsoffensive NRW verfügen die Verkehrsunternehmen in Nordrhein-Westfalen über alle technologischen und organisatorischen Voraussetzungen, um auch in Zukunft neue Tarifprodukte wie das Deutschlandticket kurzfristig zu realisieren. Dazu gehört auch die konsequente Einbindung in die Entwicklungen zur VDV-Kernapplikation. Diese ist das technologische Herzstück des elektronischen Fahrkartensystems (((eTicket Deutschland, auf dem die eingeführten Systeme zum Elektronischen Fahrgeldmanagement (EFM) der Verkehrsverbünde und -unternehmen mehrheitlich basieren. Sie ist ein offener Daten- und Schnittstellen-Standard und dient als Bauanleitung für EFM-Systeme, damit diese gleich gestaltet und miteinander vernetzt werden können. Über die zentralen Hintergrundsysteme von (((eTicket Deutschland sind lokale eTicket-Systeme in der Lage, Daten und Nachrichten untereinander auszutauschen. Das bedeutet: (((eTicket Deutschland mit der VDV-Kernapplikation macht das elektronische Deutschlandticket erst möglich. Dabei sorgt (((eTicket Deutschland nicht nur für den Datenaustausch, sondern auch für hohe Sicherheitsstandards zum Schutz vom Daten und IT-Infrastruktur. Die Systeme von (((eTicket Deutschland sind mehrfach verschlüsselt, um Fahrgastdaten ebenso wie die Einnahmen der Verkehrsunternehmen zu sichern. Datenschutzstandards sichern Vertrauen im digitalen Kundenkontakt.
Ein offener Branchenstandard
Die VDV-Kernapplikation wurde vor 15 Jahren durch den Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) als offener Branchenstandard konzipiert. Ihr vielleicht wichtigstes Merkmal: Nicht eine einzelne Instanz bestimmt, wo die Entwicklung hingeht, sondern alle Teile der Spezifikationen stehen allen Nutzer:innen frei zugänglich zu Verfügung. Dadurch haben alle die Möglichkeit, sich an der Weiterentwicklung zu beteiligen.
(((etiCORE: Mehr Sicherheit und eine bessere Performance
Mit (((etiCORE erhält die neue Version der VDV-Kernapplikation nicht nur einen neuen Namen, sondern insbesondere eine neue Sicherheitsarchitektur. Diese erhöht noch einmal die Fälschungssicherheit und damit die Einnahmensicherung. Der Austausch der Sicherheitskomponenten wird für eine Modernisierung des gesamten Standards genutzt, so dass auch Performance, Komplexität und Technologien verbessert werden. Dafür wird das Sicherheitsmanagement auf moderne Kryptographie-Verfahren und längere Schlüssel umgestellt. Gleichzeitig werden Prozesse zur Ausgabe und Kontrolle von (((eTickets deutlich beschleunigt und vereinfacht. Die Spezifikationen werden zudem in Deutsch und Englisch zur Verfügung stehen, so dass auch die Zusammenarbeit mit Verkehrsunternehmen im benachbarten Ausland und mit internationalen Systementwickler:innen einfacher wird. Der neue Standard wird nach jetzigem Planungsstand ab 2026 eingeführt. Fünf Jahre später soll (((etiCORE die VDV-Kernapplikation ersetzt haben. In der Übergangszeit bis einschließlich 2031 werden beide Standards parallel zueinander bestehen.
Unterstützung bei der Migration
Der Lenkungskreis der ÖPNV-Digitalisierungsoffensive NRW hat zu (((etiCORE ein eigenes Teilprojekt aufgelegt. Die Verkehrsunternehmen erhalten damit wertvolle Unterstützung bei der Migration ihrer EFM-Systeme und der Umstellung auf den neuen Standard.
Barcode-Standards: Übergreifende Prüfbarkeit von Tickets
Smartphones und Wearables als Trägermedium für elektronische Abotickets mögen die klassische Chipkarte noch nicht ablösen, werden aber immer beliebter: Beim Deutschlandticket liegt der Nutzeranteil bereits bei 50 Prozent. Hier wird das eTicket zumeist optisch als Barcode ausgewiesen – und auch dabei sorgen Standards für die notwendige Interoperabilität, das heißt eine übergreifende Lesbarkeit und Prüfbarkeit der Tickets. Spezifizierte Standardlösungen bieten der VDV-Barcode, VDV-Barcode mobile+ Motics sowie der im nationalen und internationalen Eisenbahnverkehr geltende UIC-Barcode-Standard. Diese standardisierten Barcodes sind in Deutschland marktüblich und müssen notwendigerweise in Kontrollgeräten optimal unterstützt werden.
Nahfeldkommunikation durch NFC
NFC (Near Field Communication) ist ein internationaler Übertragungsstandard zum kontaktlosen Austausch von Daten. Die Reichweite ist auf maximal zehn Zentimeter begrenzt. Das gewährleistet eine standardisierte Datenverschlüsselung und größtmöglichen Datenschutz. Nahezu alle modernen Smartphones und gängige Kreditkarten sind heutzutage NFC-fähig. Im ÖPNV wird der NFC-Standard während des Prüfprozesses zum Auslesen der Ticket-Chipkarte genutzt. Zudem ermöglicht NFC heute bereits ein einfaches ID-Ticketing über Trägermedien wie beispielsweise die Kreditkarte.
Foto: © Dominic Dupont, Deutsche Bahn AG